Konzept der operativen Schatten von Begriffen (von Eugen Fink)
Es gibt thematische Begriffe und operative Begriffe.[1] (Schmidt, 2005)
Die thematischen Begriffe sind die, welche Gegenstand der gedanken-sprachlichen Fixierung des Gedachten sind. Die Begriffe mittels derer diese sprachlich fixierten und gedachten Objekte thematisiert werden, sind also das Werkzeug, das Medium und gleichsam die Substanz, mit der das Thema als Idee gedacht, und mit Sprache als Text erschafft wird.
Die thematischen Begriffe verhalten sich analog zu den operativen Begriffen, wie das Gesehene zum Sehen.
Wie das Beleuchtete zum Licht. Das erblickte zum Auge.
Das Auge sieht sich selbst beim Sehen nicht.
In gleicher Weise thematisieren sich operative Begriffe nicht selbst. In diesem Sinne werfen sie einen operativen Schatten.
Während sie die thematischen Begriffe aktiv beleuchten, sind sie selbst in diesem Moment nur philosophisches und sprachliches Werkzeug, das sich selbst nicht ausleuchtet und in diesem Sinne im Schatten ist oder einen wirft. Die operativen Begriffe thematisieren die sprachlich fixierten, angesehenen und angeschauten Begriffe und Texte, ohne sich selbst dabei zu thematisieren.
Konzept der selbstverständlichen Begriffe (von Arnold Gehlens)
Arnold Gehlens definiert die selbstverständlichen Begriffe vor allem mit zwei Merkmalen:
- Sie sind nötig, um sich selbst zu verstehen (selbstverständlich)
- Sie sind nicht hinterfragt im alltäglichen Gebrauch
Damit erfüllen Sie eine Entlastungsfunktion in der zwischenmenschlichen und vor allem alltäglichen Kommunikation
Diese Methode oder Eigenheit der Philosophie, eine besondere Perspektive aufs Alltägliche, und damit auch auf seine Begriffe zu lenken, beschreibt ein Zitat von Eugen Fink sehr gut:
„Die Philosophie hat das seltsame Geschäft, das im Alltag gedankenlos praktizierte Seinsverständnis aus der Distanz einer ursprünglichen Verwunderung anzuhalten.“[2] (Fink, 1976)
Und dann neue Betrachtungen, Interpretationen und Definitionen zu finden und damit zu arbeiten.
Begriffe sind immer vielfältig und daher komplex, da sie „Konzentrate vieler Bedeutungsinhalte“ (Schmidt, 2005) aus einem gesellschaftlichen Erfahrungszusammenhang (einer Kultur) sind und beschreiben.
Der Erfahrungsraum einer Gesellschaft ist sein Kulturraum und somit sozialer Kontext für die für die Sprache, welche diesen Raum formt und wechselseitig auch von diesem Raum ebenfalls selbst geformt wird
Begriffe sind also wie einzelne Gebäude, Gebiete oder gar ganze Städte und Regionen dieses metaphysischen, kulturellen Erfahrungsraumes.
Sind wir in einer anderen Kultur, bewegen wir uns in einem anderen Kultur-raum, und somit automatisch auch in einem anderen metaphysischen Erfahrungsraum, mit unterschiedlichen Gebäuden, Gebieten oder Städten. Diese sind die vielfältigen und komplexen Begriffen, welche für diese uns fremde Kultur selbstverständliche Begriffe sind.
Daher sollten wir mit einfachen „Gebäude-Begriffen“ bzw. Begriffsgebäuden anfangen, anstatt zu versuchen gleich ganze Städte einzunehmen oder verstehen zu wollen.
[1]Stephan Schmidt, Die Herausforderung des Fremden. Interkulturelle Hermeneutik und konfuzianisches Denken, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005, S102 ff.
[2] Eugen Fink, Nähe und Distanz, München/Freiburg, Nomos Verlagsgesellschaft 1976, S. 182